Im Folgenden soll ein kleiner Einblick in die Entstehung unseres Gymnasiums gewährt werden. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der baulichen Entwicklung. Wer ausführlichere Informationen sucht, kann sowohl im Artikel unseres ehemaligen Schulleiters, Herrn Alfred Wintergerst, im Band „Schwangau. Dorf der Königsschlösser“ (herausgegeben von Wilhelm Liebhart, erschienen 1996 im Jan Thorbecke Verlag) sowie auch in der Festschrift zum 50-jährigen Gründungsjubiläum des Gymnasiums nachlesen.
Die Geschichte des Gymnasiums ist mit dem Bau der Königsschlösser und dem dadurch ausgelösten Fremdenverkehr verknüpft. Schon nach dem Wiederaufbau des Schlosses Hohenschwangau und der Anlage des Schwanseeparks unter Kronprinz Maximilian in den 1830er und 1840er Jahren kamen die ersten Besucher nach Hohenschwangau. Nach dem Tod Ludwigs II. im Jahre 1886 und der Öffnung des Schlosses Neuschwanstein für Besucher boten die immer zahlreicher werdenden Touristen vielfältige Erwerbsmöglichkeiten für Hoteliers und Gastronomen.
Ab 1887
Im Zusammenhang mit diesem anschwellenden Besucherstrom öffnete die "Villa Schwansee" 1887 erstmals ihre Pforten. Zwanzig Zimmer mit Alpenblick luden damals auf einen Besuch ein. Die Villa war die „Keimzelle“ von Schule und Internat und besteht immer noch, auch nach vielen Umbauten, im Mädchentrakt im „Altbau“. Sichtbar wird dies auch heute noch an den unterschiedlichen Stockhöhen im Altbau, in jedem Stockwerk muss eine Treppe die alte Villa im Nordteil mit dem späteren Anbau im Südteil verbinden. An der Außenfassade ist dieser Unterschied noch heute deutlich erkennbar. |
Die Herberge wurde zu Anfang des 20. Jahrhunderts erheblich erweitert, es entstand das „Hotel Schwansee“, das „erste, größte und komfortabelste Haus am Platze“, wie sich das Hotel in seinem Briefkopf selbst bezeichnete. Wenn man das Foto aus dem Jahre 1921 betrachtet, kommt einem diese Beschreibung keineswegs übertrieben vor. |
1941 – 1945
1941 erwarb der Staat das gesamte Hotelanwesen, die 2. Marineunteroffiziervorschule zog samt Salonorchester (siehe Bild) ein. Was merkwürdig klingt (eine Marineschule im Allgäu!), war angesichts der Fliegerangriffe im Norden Deutschlands während des 2. Weltkriegs eine verständliche Vorsichtsmaßnahme. Auf dem Alpsee wurden Schwimm- und Ruderübungen durchgeführt. Nahezu 300 Schüler erlebten hier das Ende des 2. Weltkrieges. Wie Herr Wintergerst einmal feststellte, wäre ohne die Existenz dieser Hohenschwangauer Marineschule wohl kaum jemand nach dem 2. Weltkrieg auf den Gedanken gekommen, in der frei gewordenen Anlage eine Internatsschule zu gründen. |
1945 - 47
Nachdem die Marineschule geschlossen wurde, bemühte sich die Gemeinde Schwangau in Verhandlungen mit der Landespolizei darum, auf dem Areal des ehemaligen Hotels eine Polizeischule einzurichten. Diese Pläne wurden jedoch zunichte gemacht, als kurzerhand das Flüchtlingskommissariat Füssen den Hotelkomplex beschlagnahmte. Bis September 1947 fanden auf dem Gelände Menschen aus den Vertreibungsgebieten im Osten eine vorübergehende Bleibe. |
Ab 1947
Die Gründung der Heimschule geht zweifellos auf Wolfgang Vohland zurück, der als Regierungsflüchtlingskommissar ausgeschieden war, seine Kontakte aus dieser Tätigkeit einbringen konnte und für sich in der Internatsschule eine neue Existenzgrundlage sah. Das Schülerheim bot vor allem Kindern aus Flüchtlingsfamilien eine Unterkunft an. 55 Lehrkräfte bewarben sich um Stellen an der neuen Schule (überwiegend Lehrer, die ihre Heimat verloren hatten), wobei generell nur Männer eingestellt wurden, da ein Schülerheim für Knaben vorgesehen war. Allerdings besuchten Mädchen von Anfang an den Unterricht am neuen Gymnasium, und zwar als Externe. Für die Heimwirtschaft konnten die Schwestern des Deutschen Ordens gewonnen werden, für deren Unterbringung zunächst Räume auf Schloss Bullachberg beschlagnahmt wurden. Am 15. September 1947 lief der Internatsbetrieb an, der Unterricht begann am 18. September 1947 mit 251 Schülern (davon 189 im Internat). Bei seiner Gründung war das heutige Gymnasium eine Oberrealschule mit Englisch als erster und Latein oder Französisch als zweiter Fremdsprache. Später sagte man zu dieser Ausbildungsrichtung „naturwissenschaftlicher Zweig“, noch später „naturwissenschaftlich-technologischer Zweig“. Mitte der sechziger Jahre kam der neusprachliche (jetzt „sprachliche“) Zweig mit Englisch als erster, Latein als zweiter und Französisch als dritter Fremdsprache hinzu. |
Ab 1958 wurde der „Altbau“ (damals noch Schule und Internat in einem) saniert und umgebaut. Die umfangreichen Umbauten waren notwendig, da sich das alte Gebäude inzwischen in einem bedenklichen Zustand befand. Dennoch hat das Haus durch diese Maßnahmen sowohl außen wie innen viel an ursprünglicher „Schönheit“ eingebüßt (man vergleiche nur die alte Jugendstilfassade mit der sachlichen Fassade von heute). Weil die Räumlichkeiten im „Altbau“ für Schule und Internat nicht mehr reichten, wurde das heutige Schulgebäude in den Jahren von 1959 bis 1962 erbaut, eine Sporthalle mit Bühne und eine neue Außensportanlage kamen zeitgleich hinzu. Bis 1967 folgten Neubauten wie ein Personalgebäude (in dem auch die Deutschordenschwestern wohnten, bis sie Hohenschwangau wegen Nachwuchsmangels 1969 verlassen mussten) sowie eine Mensa und ein Oberstufenbau mit Erzieherwohnungen. |
Bis 1970 schwankte die Gesamtschülerzahl in Hohenschwangau zwischen 300 und 400, bis zum Jahre 2000 dann um die 500. In den 1980er Jahren ging die Zahl der Buben im Schülerheim deutlich zurück. Eine sehr erfreuliche Nebenwirkung dieses Rückgangs: Ab dieser Zeit nahm das Internat auch Mädchen auf. Koedukation im Schülerheim wurde schnell zur Selbstverständlichkeit. |
In den 1980er Jahren wurde wegen der steigenden Schülerzahlen der Heimschul-Campus durch eine zweite Sporthalle und ein Mehrzweckgebäude (mit Musiksaal, Bibilothek, Vortragssaal und Kursräumen) ergänzt, die Sportanlage im Freien wurde komplett erneuert. Um 2000 kam dann der sogenannte Erweiterungsbau hinzu. Hier konnten neue, zeitgemäße Fachräume für Physik, Biologie und Informatik gewonnen werden. Durch die Verlagerung der Physikräume wurden einige Säle im Erdgeschoß des Hauptgebäudes frei, die auch größeren Klassen genügend Platz bieten. Bis 2002 hat man dann auch alle Klassenräume im Hauptgebäude gründlich saniert, mit neuen Tafeln, mehr Farbe, besserem Licht, EDV-Anschlüssen u.v.m. |
2009 wurde ein zusätzliches Stockwerk auf das Mehrzweckgebäude gesetzt und der Verbindungsgang zwischen Hauptgebäude und Mehrzweckgebäude überbaut. In erster Linie hat man dadurch viele neue Unterrichtsräume gewonnen, die aufgrund der seit etwa 2000 erneut stark gestiegenen Schülerzahl an unserem Gymnasium (2012: ca. 750) sowie wegen des durch die Einführung von Intensivierungsstunden im Rahmen des achtjährigen Gymnasiums vermehrten Unterrichts in kleinen Gruppen dringend benötigt wurden. Im Jahr 2011 wurde das komplette Erdgeschoß im Altbau des Internats (d.h. Eingangsbereich und Studiersäle) saniert und gleichzeitig wesentlich attraktiver gestaltet. Schließlich wurden auch der Speisesaal und die Küchenräume in der Mensa in Angriff genommen, damit sie technisch und optisch den Erfordernissen der Zeit entsprechen. |
Für all diese Baumaßnahmen über die vielen Jahrzehnte waren die Unterstützung durch den Freistaat Bayern und die zuverlässige Betreuung durch das Staatliche Bauamt Kempten wesentliche Voraussetzungen.
Heute hat das Gymnasium einen festen Platz in der Gemeinde Schwangau und im Füssener Land erlangt. Das Staatliche Gymnasium mit Internat Hohenschwangau genießt einen guten Ruf und ist für seine erfolgreichen Bemühungen im erzieherischen, kulturellen und sportlichen Bereich allgemein anerkannt. Zur Entstehung des besonders guten pädagogischen Klimas an unserer Schule haben Generationen von Lehrkräften, Schülern und deren Eltern beigetragen. Damit das so bleibt, wirken Schule, Elternbeirat, Förderverein und Ehemaligenvereinigung, die Alt-Hohenschwangauer Schulgemeinschaft, vertrauensvoll zusammen.