Dia dhuit – mit einem herzlichen „Hallo“ wurde Familie Kiesewetter von ihrem irischen Trainer Michael Farrell an der St. Mary`s Boy School in Dublin begrüßt. Vom 14. bis 18. Februar 2022 stand der Trainingskurs “Flipped Classroom“ der Europass Teacher Academy Ireland auf dem Stundenplan. In diesem einwöchigen Erasmuskurs konnten Lehrerinnen und Lehrer aus Zypern, Polen, Kroatien, Spanien und Deutschland Erfahrungen zu diesem neuen Unterrichtskonzept sammeln: die Vermittlung der neuen Lerninhalte erfolgt nicht wie üblich im Präsenzunterricht, sondern findet schon im Vorfeld zu Hause meist mit Hilfe von Lernvideos statt. Der Präsenzunterricht bietet somit viel mehr Gelegenheit, die erworbenen Inhalte durch kooperative Aufgaben und Übungen anzuwenden und zu vertiefen.
Aus lernpsychologischer Sicht bietet das „auf den Kopf stellen“ des klassischen Schemas viele Vorteile. Die Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, sich den neuen Stoff zu Hause in ihrem eigenen Lerntempo selbständig anzueignen. So können sie z.B. durch wiederholtes Anschauen von Passagen der Lernvideos ihren Lernprozess selbst steuern.
Durch das selbständige Erarbeiten der Lerninhalte bietet der Präsenzunterricht dann viel mehr Gelegenheit Fragen zu klären und Aufgaben zu bearbeiten. Die Lehrkraft hat nun im Unterricht die Möglichkeit die Schüler individuell zu unterstützen. Der Unterricht wird insgesamt interaktiver, was viele Schüler als motivierend empfinden. Besonders geeignet ist dieses Konzept auch um kooperative Arbeitsumformen umzusetzen. Die Schüler haben nun im Unterricht Zeit zu diskutieren und gemeinsam an Anwendungsaufgaben zu arbeiten und können so ihr schon daheim erworbenes Wissen in der Gruppe vertiefen. Die Lehrkraft kann auch hier die einzelnen Arbeitsgruppen und Schüler gezielter und persönlicher unterstützen. Im klassischen Unterricht fehlt dazu leider oft die Zeit. Auch erste Studien zeigen, dass dieses Konzept sich als alternative Unterrichtsform gut eignet bzw. eine sinnvolle Ergänzung zum regulären Unterrichtsgeschehen darstellt.
Der Kurs in Dublin beinhaltete zum Glück nicht nur trockene Theorie, sondern wir Lehrer mussten selbst aktiv werden. Die Teilnehmer hatten viele Gelegenheiten Inhalte selbst zu erarbeiten und sich auszuprobieren. Die digitalen Tools wie Edpuzzle, Snagit, Nearpod etc. konnten so gleich bei der gemeinsamen Erstellung eigener Lernvideos angewendet werden. Es wurde schnell klar, dass dies zunächst einen Mehraufwand für den Lehrer bedeutet, da der Aufbau einer Lernbibliothek viel Zeit erfordert.
Lohnt sich dafür die weite Reise nach Dublin? Wir haben uns diese Frage auch gestellt und können sie jetzt klar beantworten – absolut.
Denn bei Erasmus-Fortbildung ging es um weit mehr als reine Wissensvermittlung. Neben einer Stadtführung mit vielen Informationen über die bewegte Geschichte Dublins und einem Ausflug ins Landesinnere durften wir auch in die warmherzige irische Kultur eintauchen. Besonders bereichernd und für uns bisher einmalig war aber eindeutig der Austausch mit Lehrern aus ganz Europa, das Arbeiten in gemeinsamen Gruppen, die anregenden Diskussionen über Schule und Politik, der Erfahrungsaustausch und die gemeinsamen Erlebnisse in Irland. All dies zeigte uns, wie wichtig und wertvoll die europäische Idee gerade in diesen Zeiten ist.
Mit dieser positiven Stimmung machten wir uns schließlich wieder auf nach Hogau und werden hier die Impulse an das Kollegium weitergeben und freuen uns darauf, das Klassenzimmer in Hogau „auf den Kopf zu stellen“ und die Theorie in der Unterrichtspraxis zu erproben.